Wer das vertrauen verlernt hat

(2 Thess 3,1-5)

Es geht um Beziehungen

Liebe Gemeinde,

heute Begegnung zwischen Nachbarn. Wie schön versammelt …

"Beziehungen sind das halbe Leben" - ich finde: Beziehungen sind das ganze Leben.

Falsche und böse Menschen

In unserm Predigttext hat jemand die Schnauze voll. Er schreibt von "falschen und bösen Menschen", die ihn umgeben, und von denen er erlöst werden möchte.

Solche Leute gibt es ja. Wenn man sich mit ihnen unterhält, sind sie lieb und nett, und hinten rum reden zerreißen sie sich das Maul.

Oder man spricht sich aus, verträgt sich, und hinterher tragen sie es einem doch nach und erzählen dem halben Dorf davon.

Ganze Familien zerstreiten sich nur wegen dem Geld, oder wegen einem Haus,

oder weil jemand einmal etwas in den falschen Hals gekriegt hat, reden Eltern und Kinder seit Jahren nicht mehr miteinander.

Der Glaube ist eben nicht jedermanns Ding

Man könnte sich darüber ärgern, bis man schwarz wird, oder man kann depressiv werden, über die Schlechtigkeit der Menschen. Aber das bringt halt leider nichts.

Warum sind Menschen falsch und böse.

Manchmal ist es so, dass andere Menschen sich eben anders verhalten, und dass ein bisschen Verständnis schon die Lösung ist.

Aber es gibt natürlich auch Verhalten, das ist einfach falsch. Da kann man nichts daran rütteln. Ihr kennt die Zehn Gebote. Wenn jemand lügt, oder mit einer fremden Frau ins Bett geht, oder stielt und so weiter. Das ist einfach falsch. Das ist objektiv falsch, ganz einfach, weil es schadet - und Gott hat es verboten.

Aber die Bibel hat auch dafür Verständnis. Menschen tun eben nicht, was Gott will. Den, der an das Gute im Menschen glaubt, den überrascht das. Aber wer die Bibel kennt, den überrascht das nicht. Schon im Ersten Buch Mose steht: Das Dichten und Trachten des Menschen ist Böse von Jugend auf. Der Mensch ist Sünder. Jeder Mensch, ganz tief drin - und nur der Glaube kann uns daraus erlösen.

Die Frage, warum gibt es denn falsche und böse Menschen, wird hier ebenso einfach wie überraschend beantwortet: "Denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding."

Das ist zunächst einmal ein Wort der Toleranz und des Verständnisses. Wer so redet, ist nicht überrascht, wenn ihm jemand Böses tut. Er hat ja eh damit gerechnet. Er weiß: die Menschen sind so. Und ich bin auch nur ein Mensch. Ich bin nicht besser

Und er weiß auch: der, der mir böses tut, der ist der, der eigentlich zu bedauern ist. Denn er tut es, weil er ihm etwas Wichtiges fehlt. Ich bin nicht besser als er. Nur habe ich eine Beziehung, die mich vor meistens dem Schlimmsten bewahrt - vor mir selbst.

Beziehung: Glauben - Vertrauen - Treu sein

Glaube ist nämlich eine Sache der Beziehung.

Glauben heißt nicht "für wahr halten". Es heißt: vertrauen. Der gläubige ist zugleich der vertrauende, der vertrauenswürdige und der treue. Glaube, Vertrauen und Treue sind für die Bibel eine Sache.

Warum sündigen wir Menschen? - Erklärungen gibt es viele, aber ich glaube es steckt eigentlich eines dahinter, was wir so schön in die Redensart verpacken: "jeder denkt an sich - nur ich denk an mich." Wir haben Angst um uns selbst, darum sind wir so verletzlich, darum reden wir hinten rum, darum sind wir so gierig, darum vergeben wir nicht, darum schieben wir die Schuld in andere Schuhe.

Nur eines kann uns aus diesem Strudel reißen: Vertrauen. Wer auf Gott vertraut, der braucht nicht die ganzen miesen Tricks um sich einen Vorteil zu verschaffen. Gott sorgt für mich. Ich brauche keine Falschheit und keine Bosheit, um ans Ziel zu kommen - so spricht der, der glaubt.

der Unglaube der Menschen und die Treue Christi

"Der Glaube ist nicht jedermanns Ding, aber der Herr ist treu." - das ist im griechischen Original ein Wortspiel, denn Glaube und Treue ist ein und das selbe, und hier steht auch das Selbe Wort: "Vertrauen ist nicht jedermanns Ding, aber Jesus ist vertrauenswürdig," könnte man übersetzen. Ich glaube, das hat der Verfasser mit Absicht so gegenüber gestellt. Denn unserem Unglauben steht immer die Treue Gottes gegenüber. Unserem Misstrauen sein Vertrauen, dass er uns immer wieder schenkt.

Von unserer Seite mag die Beziehung zu Gott gestört sein, von Misstrauen geprägt. Dann prägt Misstrauen auch unsere anderen Beziehungen. - Irgendwie hängt das zusammen. Gott vertrauen und für Menschen vertrauenswürdig sein.

Aber auch wenn ein Mensch kein bisschen an Gott glaubt, von Gottes Seite gibt es da überhaupt kein Fragezeichen. Gottes Treue steht fest. Auch wenn wir untreu sind, ist er treu. Und untreu sind wir, weil wir ihm nicht vertrauen, nicht glauben.

Ich habe gesagt, der Satz "der Glaube ist nicht jedermanns Ding" ist ein Satz voller Verständnis. Wer so redet, der weiß, dass er nicht besser ist, als die Leute, die ihm böses antun. Er weiß nämlich, dass sie von ihrem Misstrauen angetrieben sind.

aber: Glauben ist für jeden

"der Glaube ist nicht jedermanns Ding" - ein Satz des Verständnisses.

Jetzt gibt es Menschen - auch viele, die selbst zur Kirche gehören - die sagen: Naja, der Glaube ist halt nicht mein Ding. Für dich ist das wie so ein Hobby, und das hilft dir, aber ich brauche das nicht, ist vielleicht was für schwache Gemüter." So oder so ähnlich hat Ihnen das sicher schon mal jemand zu verstehen gegeben. Vielleicht hat er es nicht ausgesprochen, aber wir haben es oft gespürt: Lass mich in Ruhe mit deiner Religion, das ist nicht mein Ding.

Aber stimmt das wirklich? Ist dieser Satz hier in der Bibel wirklich so gemeint?

Nein, ist er nicht! Gott ist ein Gott für alle Menschen. Entweder wir glauben an ihn, oder wir lassen es bleiben.

Die Menschen haben ja wirklich ein Problem mit ihrem Unglauben. Sie merken das vielleicht nicht. Aber es ist doch so. Wir lassen uns oft einreden, Glauben sei so eine Sache des Geschmacks, und wenn wir Gemeinde aufbauen, dann denken wir ein Verein, der sich über aktive Mitglieder freut - aber wir vergessen, worum es eigentlich geht: Um die Rettung der Verlorenen Seelen. Ohne Gott sind wir verloren. Wer nicht glaubt, der misstraut seinem Schöpfer.

In der Bibel ist das ganz klar.

Wie sieht es in unserem täglichen Leben aus? Da ist es nicht immer so offensichtlich. Oft wundern wir uns, wie gut Menschen ohne Gott zurecht kommen. Aber wir merken es doch:

Zunächst bei uns selber: Wir selbst handeln doch immer dann falsch und böse, wenn die Beziehung zu Gott gerade eher lose ist, und sich Misstrauen eingeschlichen hat, oder wir meinen, wir brauchen Gott und seine Gebote gerade nicht. Das kennen wir doch, wir sind doch nicht vor der Sünde gefeit, nur weil wir heute hier im Gottesdienst sitzen.

Ich finde, es liegt schon nahe, dass das bei den anderen Menschen auch nicht anders ist. Ich kenne mittlerweile genug Familiengeschichten aus diesen Dörfern. Es macht einen himmelweiten Unterschied, ob Menschen auf Gott vertrauen, in der Art, wie sie miteinander umgehen. Und wenn die Beziehungen verkorkst sind, dann ist das ganze Leben verkorkst, denn Beziehungen sind das ganze Leben.

Ich bin mir sicher, dass hinter den verkorksten Beziehungen der Menschen letztlich Misstrauen gegen Gott steht. Ich denke, dass das stimmt.

Ein Beispiel aus der Politik. Da tarnt sich dieses Misstrauen sogar manchmal als Glaube. Das geht tatsächlich: Da meint jemand, er müsste für Gott einen Krieg führen, und hält sich dabei für besonders fromm. Dabei vergisst er, dass Gott sehr wohl für sich selbst kämpfen kann. Er vertraut mehr den eigenen Möglichkeiten als den Möglichkeiten Gottes. Fanatiker aller Religionen denken so.

Glauben ausbreiten

Wer nicht glaubt, der hat ein Problem. Die wichtigste Beziehung in seinem Leben, die Beziehung zu Gott, ist von Misstrauen und Gleichgültigkeit bestimmt, und das merkt man.

Deswegen ist Glauben für jeden. Auch wenn nicht jeder glaubt, wäre es gut für jeden, wenn er glauben würde.

Das ist der eigentliche Gedanke in unserem Text: Da wendet sich ein urchristlicher Apostel an eine Gemeinde in Saloniki. Er und seine Mitarbeiter predigen den Glauben an Gott in Jesus Christus. Aber die Menschen wehren sich dagegen. Sie haben Misstrauen, der Glaube ist nicht ihr Ding. Einige von ihnen treten den Verkündigern des Glaubens als Feinde gegenüber. Dabei hätten gerade sie den Glauben so nötig.

Der urchristliche Apostel hat einen Wunsch an seine Freunde in Saloniki: Betet für uns. Es ist echt schwierig, was wir hier machen, wir wollen Menschen zum Glauben helfen, aber der Gegenwind ist so stark. Bitte betet für uns, betet, "dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen."

Zum Glück hat er gute Beziehungen. Zum Glück hat er Brüder und Schwestern in Christus, die auf seiner Seite stehen. Er steht nicht allein da. Die Beter stellen sich zu ihm.

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Wer sind bei uns die Verkündiger des Glaubens?

Der Pfarrer Bauer-Marks und ich. Die Kindergottesdienst-Helfer, die Mitarbeiter im Senioren-Kreis, die Religionslehrer, Menschen, die Hausbesuche machen, und noch viele andere in unseren Gottesdiensten im Leben unserer Gemeinden

Aber eigentlich doch auch wir alle. Wir alle sind immer wieder gefragt, uns zu Gott zu bekennen. Es gibt diese Situationen und Beziehungen, wo wir merken, wir sollten und wir könnten jetzt etwas von Gottes Wort weitergeben. Und wie oft trauen wir uns dann nicht, weil wir das Gefühl haben, das passt jetzt nicht hier her, denn der Glaube ist ja nicht jedermanns Ding. Oder wir denken in der Situation erst gar nicht darüber nach, weil die ganzen anderen Themen gerade viel wichtiger sind, bei den Diskussionen abends vor dem Fernseher, oder in der Kneipe, oder beim Nordic Walking.

Gebet nötig

Wir haben Gebet nötig, damit wir uns nicht von bösen und falschen Menschen überwinden lassen. Die größte Versuchung ist, dass wir auch so handeln wie sie. Weil wir meinen, wir könnten uns auf diese Weise selbst schützen, weil wir nicht auf Gott vertrauen.

Dabei brauchen wir keine Angst vor ihnen zu haben. Gott schützt uns vor ihnen. Er sorgt für uns. Wir können ihre Anfeindungen einordnen; sie können es nicht anders, weil sie kein Vertrauen haben.

Ich weiß, es gibt auch dieses arrogante: Nicht ich hab ein Problem, du hast ein Problem, und du tust mir leid - dabei ist das nur ein Versuch, ein Problem nicht an sich heranzulassen, und es tut einem überhaupt nicht leid.

Wer seinen Mitmenschen mit den Augen Gottes sieht, der hat wirklich ein Problem damit, wenn der Mitmensch falsch und böse mit ihm umgeht. Er leidet unter seinen Angriffen, und er hat echtes Mitleid, wenn er versteht, dass nicht jeder seinen Halt im Glauben findet.

Ich kann Ihnen sagen, dass mich das für meine Arbeit unglaublich motiviert, wenn ich sehe, wie gut Menschen durch den Glauben miteinander umgehen können. Und umgekehrt, wenn ich sehe, dass Menschen vor lauter Misstrauen einander kaputt machen, dann weiß ich, dass unser Land das Wort Gottes braucht.

Paulus sagt einmal, wir sollen uns nicht vom Bösen überwinden lassen, sondern wir sollen das Böse mit Gutem überwinden. Das ist die Kunst der Beziehung. Wenn wir aus Glauben leben, dann können wir das. Dann können wir das Böse mit Gutem überwinden, wenn die Beziehung zu Gott stimmt. Deswegen wollen wir nicht aufhören zu beten, dass Gottes Wort laufe, dass Menschen Gott ihr Vertrauen schenken, und neues Leben finden in Christus.

Das wünsche ich uns allen.

Ich möchte meine Predigt so abschließen, wie auch der Predigttext für diesen Sonntag endet:

"Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi."

Amen.

Otto Guggemos 2008

 

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